Bund fördert strategische Vernetzung in die Gesellschaft

Schon wieder eine Bund-Länder-Initiative. Mit bis zu 550 Millionen Euro soll die “Innovative Hochschule” gefördert werden: Im Rahmen der Transferstrategie der Hochschule und ihrer Profilbildung sollen “strategisch innovative Aktivitäten mit Wirtschaft und Gesellschaft” gefördert werden. Das Gute an dem Geldsegen ist der Wettbewerbscharakter: Die Hochschulen sollen sich mit eigenen Konzepten bewerben, es bleibt also Raum für Besonderheiten und Vielfalt. Sehr begrüßenswert ist auch, dass endlich die vielen Hochschulen sich bewerben können, die nicht an der Spitze der Forschung stehen. Die Exzellenzinitiative hatte das Kartell der Forschungsuniversitäten befördert, zu dem diese nie mehr aufschließen können. Dennoch muss kritisch gefragt werden, was “strategisch innovativ” wohl heißen mag: In welcher Form der “Ideen-, Wissens- und Technologietransfer” in die Gesellschaft wirken? Der aktuelle Sündenfall der Dualen Hochschule Baden-Württemberg zeigt eher die Abhängigkeit von einzelnen Sponsoren, in die sich Hochschulen grundsätzlich nicht begeben sollten. Auch die lokalen Vorhaben staatlich finanzierter Hochschulen sollten gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich gedacht sein.

EU-Forschungsförderung in England nach dem Brexit?

Große Verunsicherung herrscht in Großbritannien wegen der nach dem “Brexit” wegfallenden EU-Forschungsförderung. Finanzminister Philip Hammond versprach nun, die wegfallenden EU-Milliarden aus heimischen Töpfen voll zu ersetzen. Das klingt beruhigend, ist es aber nicht. Für die Wissenschaft ist die britische Volksentscheidung eine grundsätzliche Katastrophe, die nicht nur mit den Budget zu tun hat. Mögen den Wähler nicht alle Facetten ihrer Entscheidung bewusst gewesen sein, gegen die vielen Zuzügler aus anderen Ländern wendeten sich viele Briten ganz bewusst. Genau dieser grenzenlose Austausch ist aber wesentlich für die Wissenschaft.

Warum lernen Lehrer nichts aus der Bildungsforschung?

Sozialforscher der University of Durham versuchten herauszufinden, ob Lehrer die Ergebnisse der Bildungsforschung für sich nutzbar machen. Lehrer mehrerer Grundschulen erhielten regelmäßige Hilfe aus der Bildungsforschung. Forschungsfrage war, wie sich das neue Wissen auf den Unterricht auswirkt. Paul MacLellan berichtete auf einer Tagung über den MINT-Unterricht über das ernüchternde Ergebnis: Keinerlei Unterschied war erkennbar. Für die Unterrichtsergebnisse spielte die Unterstützung aus der Bildungsforschung keine Rolle. Über die möglichen Gründe kann spekuliert werden. Unter anderem wurde aufgeführt, dass die komplizierte Sprache und der Zugang zu den Forschungspapieren hemmend wirkten. Für Praktiker sei kaum erkennbar, welche Ergebnisse nun die relevanten seien und wie diese praktisch angewendet werden könnten. Ein schlechtes Zeugnis für die empirische Bildungsforschung: Das interdisziplinäre Fach zieht doch seine ganze Legitimation nur aus der Behauptung, einer Praxisrelevanz.

Pokémon Go als Bildungsinnovation

Schon mehr als 100 Millionen Nutzer spielen Pokémon Go. Lässt sich das Suchspiel auch zur Ausbildung nutzen? Immerhin suchen internetabhängige Jugendliche nun auf einmal neue Orte auf, die ihnen die App weist. Amber McLeod und Kelly Carabott werben für die Nutzung der digitalen Möglichkeiten: Die virtuelle Vernetzung mit der Echtwelt animiert zur Erkundung. Die Autorinnen freuen sich über die Förderung der Kreativität, der Kommunikationsfähigkeit und der digitalen Kompetenzen. Dem ist nur zuzustimmen – sensationell sind die neuen Technologien, die auch für den Erziehungsbereich genutzt werden können. Bei allem Enthusiasmus muss man aber bedenken: Alle diese didaktischen Innovationen schaffen noch kein neues Wissen. Die raffinierten Apps sind noch weit davon entfernt, die Nutzer zu selbstständigen Forschern zu machen.

Profil im Internet: Argumente oder Selbstdarstellung?

Der Nachwuchswissenschaftler steht nicht nur mit seinen Forschungsergebnissen in der Öffentlichkeit. James M. Van Wyck warnt in seinem Essay die Absolventen, die sich im akademischen Bereich bewerben wollen: das private und wissenschaftliche Profil müssen im Internet zusammen passen. Ein unseriöses Auftreten im privaten Bereich kann die wissenschaftliche Reputation beschädigen. So sehr dieses Selbst-Marketing einleuchtet, ist es doch bedenklich. Natürlich spielt persönliches Auftreten eine Rolle, wenn jemand etwa als Dozent eingestellt werden soll. Aber für den wissenschaftlichen Diskurs sollte ja vor allem der Beitrag selbst, die Stärke des Arguments zählen.

Schüler brauchen mehr Information über die Studienfinanzierung

Im Berliner-Studienberechtigten-Panel “Best Up” haben WZB und DIW Berlin gefragt, welche Informationen potentielle Studienanfänger in Berlin über die Hochschulen haben. Erste Ergebnisse belegen eindeutig, dass besser Information über Möglichkeiten auch tatsächlich die Entscheidungen beeinflussen. Insbesondere Abiturientinnen und Abiturienten ohne akademisch geprägtes Elternhaus und Umfeld könnten so zu einer Ausbildung ermutigt werden. Die Autoren empfehlen den Schulen, insbesondere auch über die Möglichkeiten zur Finanzierung des Studiums zu informieren.

Angst der Eltern gebiert nur Kontrollwahn

In der FAZ beschreibt Winand von Petersdorff  die Angst amerikanischer Eltern in der Erziehung. Der Freiheitsdrang der Kinder wird mehr und mehr eingeschränkt, da Eltern und Gesellschaft nicht mit Freiheit umgehen können. So ist sogar der uramerikanische Limostand am Gartentor nicht mehr möglich, einst die erste kaufmännische Erfahrung für ungezählte Kinder. Das Ersticken des Freiheitsgeistes durch Angst der Eltern ist aber nicht nur ein amerikanisches Problem – und auch nicht nur ein Problem unserer Zeit. Reiner Stach beschrieb den Schulweg des kleinen Franz Kafka, der lückenlos vom Elternhaus in die Schule und zurück betreut wurde. Es blieb ein stets Gefühl der Angst vor dem verlängerten Arm des Vaters. Das eigene Erkunden der Welt war nicht möglich. Angst gebiert nur Kontrollwahn. Ohne eine Kindheit mit Freiräumen fehlt der Mut, den diese Kinder später zur Gestaltung der Welt brauchen!

Grammar Schools ermöglichen sozialen Aufstieg

In der Süddeutschen Zeitung berichtet Christian Zaschke von den überlegungen der britischen Regierung unter Theresa May, die  Grammar Schools wiedereinzuführen. Der Titel “Rückkehr der Elite-Gymnasien” verrät schon, an welcher Konfliktlinie die Auseinandersetzung entlang läuft: Leistungselite oder Geburtselite. Die Aversion gegen Eliten führte zur Abschaffung der Gymnasien, die doch der Inkubator für begabte und leistungsstarke Jugendliche gewesen waren. Die flächendeckende Einführung der Gesamtschulen war dabei nur scheinbar gerecht: Das staatliche Schulsystem Großbritanniens wird als gescheitert wahrgenommen, gestärkt wurden die privaten Anbieter schulischer Ausbildung. Diesen ist nun fast ein Oligopol für eine qualitätsvolle Schulbildung zugefallen; die Eltern geben finanziell alles, um ihren Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Die finanzstarke Geburtselite hat gewonnen! Es gilt diese Entwicklung umzukehren: Nur wenn die staatlichen Schulen auch leistungsstarke Schüler fördern, können diese wieder den sozialen Aufstieg garantieren.