Vergessen als Lösung

Im Buch „In Praise of Forgetting“ vertritt David Rieff eine steile These: Es gibt Konstellationen, in denen ein Verblassen der Geschichte bei der Schaffung von Zukunft helfen kann. Damit schrillen besonders bei den Historikern die Alarmglocken: Erst durch das Wissen um das Vergangene können wir daraus lernen. George Santayana formulierte darauf aufbauen noch den Wiederholungszwang historischer Fehler ohne ein solches Lernen. In einem Interview in der Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft verteidigt Rieff nun seine Argumentation. Er argumentiert aus seiner Erfahrung als Korrespondent in den 1990er Jahren auf dem Balkan. Dort wurde die jeweilige nationale oder regionale Geschichte als politisch instrumentalisiert.

Aus der Perspektive „Bildung durch Wissenschaft“ ist dem eindeutig entgegenzutreten: Die Instrumentalisierbarkeit beginnt immer beim selektiven Wissen oder einem weissen Fleck, der dann beinahe mit einer beliebigen Erzählung befüllt werden kann. Aufklärung kann nur durch die Versuch geschehen, die echte Geschichte von Handlungen und Zufällen, von Gewinnen und Scheitern kennenzulernen. Ob das so vorhandene Wissen dann als Handlungsimperativ dient oder elegant beschwiegen wird, sind Fragen von Moral und Politik.

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