Evaluation der Lehre: Frauenfeindlich und aussageschwach

Auf der Website der LSE stellt ein Artikel die Sinnhaftigkeit von Lehrevaluationen in Frage. Basierend auf Lehrevaluationen in verschiedenen Ländern und Disziplinen zweifeln Anne Boring, Kellie Ottoboni und Philip B. Stark die Messmethoden an. Ein Experiment zeigt sogar auf, dass die Studenten sich von dem Geschlecht der zu Evaluierenden beeinflussen aasen: Dozentinnen wurden im Vergleich niedriger bewertet als ihre männlichen Kollegen. Die Autoren schlossen, dass die Bewertung der Lehrveranstaltungen eher von den Erwartungen der Studierenden beeinflusst sind, ihr eigentliches Lernen dagegen gar nicht erfasst wird.

Die Erkenntnisse sind relevant, da die Evaluationen als nahezu wissenschaftliche Bewertung der Hochschullehre angesehen werden. Universitätsmanager verwenden die Ergebnisse für ihre Entscheidungen zu Entlassung oder Beförderung von Dozenten. Schluss damit!

Statt pseudowissenschaftlicher Messinstrumente sollte die Anschauung der Lehrveranstaltung selbst als Kriterium dienen. Gefordert ist eine Transparenz der Veranstaltungen durch eine offene Tür, wie es der Wissenschaft im Grundsatz stets zu eigen sein sollte.

Vergessen als Lösung

Im Buch „In Praise of Forgetting“ vertritt David Rieff eine steile These: Es gibt Konstellationen, in denen ein Verblassen der Geschichte bei der Schaffung von Zukunft helfen kann. Damit schrillen besonders bei den Historikern die Alarmglocken: Erst durch das Wissen um das Vergangene können wir daraus lernen. George Santayana formulierte darauf aufbauen noch den Wiederholungszwang historischer Fehler ohne ein solches Lernen. In einem Interview in der Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft verteidigt Rieff nun seine Argumentation. Er argumentiert aus seiner Erfahrung als Korrespondent in den 1990er Jahren auf dem Balkan. Dort wurde die jeweilige nationale oder regionale Geschichte als politisch instrumentalisiert.

Aus der Perspektive „Bildung durch Wissenschaft“ ist dem eindeutig entgegenzutreten: Die Instrumentalisierbarkeit beginnt immer beim selektiven Wissen oder einem weissen Fleck, der dann beinahe mit einer beliebigen Erzählung befüllt werden kann. Aufklärung kann nur durch die Versuch geschehen, die echte Geschichte von Handlungen und Zufällen, von Gewinnen und Scheitern kennenzulernen. Ob das so vorhandene Wissen dann als Handlungsimperativ dient oder elegant beschwiegen wird, sind Fragen von Moral und Politik.

Reatch: ein alternatives Portal?

Der Anspruch des Portals reatch.ch ist hoch: Auf der Seite sollen gesellschaftsrelevante Tätigkeiten der Wissenschaften proaktiv aufgegriifen und kommuniziert werden. „Denn die Interaktionen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sind zu komplex und zu wichtig, um schlecht informierte Entscheidungen zu treffen. reatch hilft, die Fakten zu sortieren und einzuordnen.“ Der formulierte Anspruch ist genau der einer „Bildung durch Wissenschaft“ – der Anspruch eines fundierten Journalismus (der stets wissenschaftlich fundiert sein sollte).

Dennoch drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei der Seite vor allem um die Visitenkarte junger Nachwuchswissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten handelt. Die Auflösung des Kürzels „reatch” als „research and technology in Switzerland“ verrät die Begrenzung im Land. Andererseits kann es sicher nicht schaden, wenn sich diese Akteure ihren Anspruch definieren. Wir können gespannt sein auf die angekündigten Debattenpapiere zu aktuellen Herausforderungen der Wissenschaften und Technik.

Offenheit des Internets: Gefährdung durch Verhalten der User

Markus Beckedahl (netzpolitik.org) wurde in einem Interview zu den Gefahren der Digitalisierung befragt. Die Beschwörung der nach wie vor ermöglichten Freiheiten ist dem Internetjournalisten selbstverständlich. Nach der Zukunft befragt, antwortet er so banal wie einleuchtend: „Wir müssen uns der Verantwortung bewusst werden, die wir alle haben. Die Verantwortung fängt bei einem selbst an.“ Er verweist auf Sicherheitsstandards der Technologie (Updates) und im eigenen Verhalten. Somit ist das eigentlich nichts Neues für einmal wissenschaftlich ausgebildete Menschen: Es geht um die ganz individuelle Verantwortung, einem durchdachten und nüchternen Handeln.